So ein Schlitzohr!

Sein Name … egal. Wer war das Schlitzohr?
Ein Schäferhund.
Reinrassig, verspielt und mit riesen Hurratüten.
Er wurde ausgebildet zum Blindenführhund, ein verantwortungsvolles Leben lag vor ihm. Seine Ausbilderin machte sich seinen Spieltrieb zu Nutze und so wurde er ohne Druck ausgebildet. Lange bevor er nun mit seiner schweren Ausbildung fertig war, wurde der passende Mensch für ihn ausgewählt. Da das Schlitzohr doch recht groß wurde, über dem Maß des Standards, musste es auch jemand sein, der gern einen großen Hund haben wollte und wo auch die Möglichkeiten gegeben sind, zudem mussten beide zusammen passen und sich mögen. Die Wahl und Auswahl wurde getroffen als der Hund gerade 10 Monate alt war.
Die Freude auf der 2 Beinigen Seite war sehr groß und der Hund wurde auch einige Male besucht, in der Zeit seine Ausbildung.
Es kam der Tag, an dem sie nun zusammen geführt wurden und unter fachlicher Anweisung der Ausbilderin innerhalb von 14 Tagen zu einem Team wurden.
Nun muss man sagen, ein Blindenführhund verfügt über sehr viel Intelligenz. Unser Schlitzohr wusste seine Intelligenz gut für sich zu nutzen. Es begann schleichend, so dass der Führhundhalter es am Anfang gar nicht recht merkte. Es lag gewiss nicht an mangelnder Freizeit des Hundes. Täglich hatte er die Möglichkeit zu rennen und zu spielen und da er ein großer Fan des Wassers war, durfte er bei angemessenen Temperaturen auch fast Täglich in einem großen Teich schwimmen gehen.
Er testete jeden Tag wie weit er gehen konnte, ohne dass sein Führhundhalter es sofort merkte, immer nur in ganz kleinen Schritten setzte er sich ein Krönchen auf. Da soll noch einer sagen, Hunde denken nicht.
Der Weg zum Bahnhof führte gut 100m an dem Badeteich vorbei.
Nun, das Schlitzohr dachte sich, wenn ich nun etwas schneller gehe, merkt man sicher nicht den kleinen Rechtsschwenk über die Straße zum Teich, er hatte es sich in den Kopf gesetzt erst Baden dann sehen wir weiter.
Folge seiner Sturheit, die Trainerin musste anrücken.
Der „Klügere“ gibt ja bekanntlich nach und so ging man dann auch nach wenigen Tagen mit einem wehmütigen Blick an der Abbiegung vorbei.
Aber Strafe muss sein dachte sich das Schlitzohr.
Es standen wieder Wahlen an und so wurden überall auch Pappplakate an Bäume und Pfähle gehängt. Teilweise auch recht niedrig und das machte sich das Schlitzohr doch zu Nutze, er ließ seinen 2 Beinigen Sehbehinderten wenigstens einmal am Tag dagegen rennen. Man konnte ihm sein Grinsen anmerken, sein Schritt wurde leicht tänzelnd, wohl eine Art von schadenfrohem Lachen.
OK, versuche mit strammer Unterordnung wurden belohnt von dem Schlitzohr indem er dann mal für 30 Minuten im Wald verschwand und seinen 2 Beiner wie blöd dastehen ließ.
Natürlich war der Freilauf im Anschluss beendet, ab an die Leine. Nur ein Schlitzohr nimmt dies nicht ohne sich was auszudenken hin. In Wald und Flur gibt es eine Unmenge an Baumwurzeln und auch kleine Löcher wo ein Tier seinen Bau graben wollte, also dachte sich das Schlitzohr, ich lass doch meinen Besitzer mal so recht stolpern.
Nur der Besitzer dachte da etwas anders, er fing an zu grübeln, das hat er doch früher nicht gemacht, mich um jeden Stein und jede Pfütze sicher rum gebracht, was ist nur los mit ihm? Haben seine Augen nachgelassen dass er die Hindernisse nicht sieht? Gut, bevor der Trainer erneut gerufen wird sollte man es abklären. Man fuhr also erst mal zum Tierarzt, dieser konnte so aber nichts sehen, was darauf schließen ließ dass mit den Augen des Hundes etwas nicht stimmt. Nun, das Tier kann es uns ja nicht sagen also wurde noch ein Termin in einer sehr guten Augenklinik für Hunde gemacht.
Anfangs fand das Schlitzohr noch alles lustig und spannend, Wartezimmer, andere Tiere, viele Menschen, das ideale Umfeld für einen neugierigen Hund. Dann ging es ins Behandlungszimmer, der Spezialist wurde in Kenntnis gesetzt über das Manko des Hundes … Augentropfen um den Hintergrund zu sehen.
Das Schlitzohr saß brav im Behandlungszimmer und der Spezialist auf Knien davor.
Nach einer Weile des Untersuchens beider Augen sah der Spezialist auf und meinte – tja …. Das war für das Schlitzohr der Moment, ihm war klar, er war aufgeflogen und schob sich auf dem Hinterteil sitzend Rückwerts in Richtung Ausgang. Der Spezialist kam vom Boden hoch und meinte, die Augen sind 1 A und der Hund auch, das ist mir noch nie untergekommen, ein echtes Schlitzohr.
Sagt selbst, an so einem Hund kann man doch wirklich nur Freude haben.

Eure Margot Grätsch