Enzephalitis, heimtückisch und tödlich

Es war ein schöner Spätsommer 1987.
Was konnte mein Glück trüben?
Ich hatte meinen lang-ersehnten Bernhardiner, mein Hundeglück war vollkommen.
Für mich war er ein Bilderbuch Bernhardiner.
8 Wochen waren wir an jedem Wochenende nach Dänemark, nähe Kopenhagen, gefahren und haben ihn besucht bis wir ihn dann mitnehmen durften.
Ein Hund mit einem sehr, sehr freundlichem Charakter, überaus Kinderlieb und sehr anhänglich. Nun war er 15 Monate alt und ein „Brecher“ geworden, sehr groß, sehr schwer, sehr lieb.

Wie gesagt, es war September, ein heißer Sommer neigte sich dem Ende zu.
Ich ging meiner Hausarbeit nach.
Mein Mann war draußen und verlegte Platten.
Immer wieder musste ich meinen Hund ansehen … ich hatte ein komisches Gefühl.
Eigenartig, es war alles in Ordnung und wie immer, mein Mann meinte ich sehe wieder Gespenster.
Ja vielleicht, wenn nicht dies ABER in mir wäre.
In der Nacht bin ich aufgestanden und zu meinem Rufus, er schlief ganz ruhig, alles war eigentlich OK, nur bei mir nicht.
Es konnte nicht alles OK sein, wenn ich ein so merkwürdiges, nicht zu beschreibendes Gefühl hatte.
Was tun mitten in der Nacht? Fieber messen. Temperatur war völlig normal. Gut, dann sah ich möglicherweise doch Gespenster.
Am folgendem Morgen hatte sich nichts verändert, Temperatur OK.
Nur irgendwie sahen seine Augen mich etwas traurig/müde an.
Ich glaube, mein Mann zweifelte an meinem Verstand (Achsel zuck), egal.
Mein Mann verlegte weiter Platten und ich machte mich über meinen Kürbis her den ich einlegen wollte.
Mein Hund lag bei mir in der Küche. Sein Futter rührte er nicht an.
Gegen Mittag habe ich erneut Fieber gemessen, oh Schreck, 39,5°
Wir packten sofort unseren Hund in das Auto und fuhren zu dem Nächstgelegenen Tierarzt, meiner war fast 40 km entfernt.
Abhorchen, Fieber messen, Diagnose, ich habe es noch heute im Ohr,
O Ton Tierarzt: „Nichts Schlimmes, er rasselt etwas, hat sich wohl erkältet, ich gebe ihm Antibiotika, dann ist er morgen wieder OK“.
Ich glaube, ich habe selten so blöd aus der Wäsche geguckt wie bei dieser Diagnose, hallo? Es war Sommer, warm, der Hund hat im Haus geschlafen, nicht draußen, er hat nicht nass auf dem Boden gelegen, wo bitte sollte er eine Erkältung her haben?
Na gut, ich bin kein Tierarzt. Wir führen Heim und gingen weiter unserer Arbeit nach.
Ich versuchte mich zur Ruhe zu zwingen, nur gelungen ist es mir nicht.

Gegen 15 Uhr erneut Fieber messen und da brach bei mir Panik aus, 41°

Ich rannte raus, schrie nach meinem Mann sofort das Auto vor zu fahren, Hund einpacken.
Alles was mein Mann mich fragte als wir vom Hof fuhren war:“Wohin?“
Antwort:“ Tierklinik Hannover“.
Außer Acht lassend aller Geschwindigkeitsbegrenzungen jagten wir über die Autobahn nach Hannover in die Tier medizinische Hochschule. Die wir gegen 17 Uhr erreichten.
Umfassende Untersuchungen, Röntgen, Ratlosigkeit ….. Fieber 42,2°, akute Lebensgefahr.
Zugang legen, an den Tropf und auf die Intensivstation, man versuchte nun den Hund runter zu kühlen. Was mich beunruhigte waren die Ratlosen Gesichter der Ärzte.
Um 2 Uhr in der Nacht machten wir uns auf den Heimweg.
Sturzbäche von Tränen begannen plötzlich zu laufe, mir schoss durch den Kopf, du siehst deinen Hund nicht wieder.
Gegen 10 Uhr am nächsten Morgen, Professor X der Tierklinik am Telefon, gute Nachricht, das Fieber ist auf 39,7° runter. Am Nachmittag konnte ich mich nicht mehr zurück halten, meine Unruhe war zu groß, Anruf bei Professor X (nur gestattet wenn der Hund Privatpatient des Professors ist(?????), zwei Klassen bei Hunden?)
Aussage Professor X: „Temperatur ist wieder auf 42,2°, wir sind Ratlos, es laufen aber noch Blutuntersuchungen, rufen Sie mich morgen wieder an.
Am nächsten Morgen, mein Rufus hatte immer noch 42° Fieber.
Unter vielen Tränen bat ich Professor X meinen Hund zu erlösen,
Ich wies ihn an, unbedingt Virulogische und Histologische Untersuchungen machen zu lassen, ich wollte wissen was der Auslöser war, warum mein Hund mit gerade mal 15 Monaten sterben musste.
Das Wissen um die Erkrankung war ja nicht nur für mich von Interesse, sondern auch für andere Hundehalter.
Die Histologische Untersuchung war innerhalb einer Woche abgeschlossen und man berichtete mir,
dass es eine massive Veränderung des Hirnstammes gegeben hat, also hätte man meinen Hund auch nicht mit prophylaktischen Maßnahmen helfen können.
Diese Veränderungen besagen eben auch, dass aus einem lammfrommen Hund ein reizender Wolf werden kann.
Zum Einen wäre das Risiko bei einem Hund von über 100 kg bei 87 cm Körpergröße viel zu hoch und zum Anderen, ist das lebenswert für einen Hund?
Die virulogische Untersuchung dauerte einige Wochen, damals wurde es noch nach Wien eingeschickt.
Untersuchungsergebnis: Es handelt sich um ein unbekanntes Virus, was eine Enzephalitis ausgelöst hat, die eben eine massive Veränderung im Gehirn zur Folge hatte.

Heute ist man in der Tiermedizin um einiges weiter aber ein Heilmittel gibt es bis heute nicht.
Allerdings ist man jetzt soweit, dass bekannt ist, dass es verschiedene Auslöser gibt.

Kurz nach dem Verlust meines Bernhardiners rief mich ein Freund an, seine Schwiegereltern hatten auch einen Bernhardiner.
Er sollte mich doch bitte fragen, was denn nur mit Ambrosius“ sein könnte, er stand auf dem Hof hinter einem Holzstapel und bellte unaufhörlich und wusste offensichtlich nicht wie er dahinter vor sollte. Ich möchte hier anmerken, der Stapel hatte einen Durchmesser von ca 1,5m, also kein Hindernis.
Ich wies den Freund an, sofort mit ihm in die Praxis meines Tierarztes zu fahren und ihm zu schildern was war.
Ich hatte damals natürlich meinen „Hauseigenen“ Tierarzt in Kenntnis vom Klinikaufenthalt und er kannte den Verlauf und die Diagnose.
Auch Ambrosius musste den Weg über die Regenbogenbrücke gehen.
Diagnose: Enzephalitis aber mit einem anderen Verlauf.

Höre ich da Stimmen die sagen: „ Ja … Bernhardiner, hat eh viele Krankheiten.“
Falsch lieber Leser, dagegen setze ich mich entschieden zur Wehr.
Es folgten einige Bernis, gesund bis zum Ende und auch andere Bernis im Verband gesund.“

Man begann damals mit der Forschung und Erforschung der Enzephalitis.
Erkenntnis, vermehrt treten Symptome und Erkrankungen dieser Art bei Rottweilern auf,
Allerdings spricht man auch nicht von einer typischen Erkrankung dieser Rasse, das möchte ich hier ausdrücklich anmerken.

Margot Grätsch